Vorstandssitzung Juli 2024
In der letzten Sitzung des Vorstands vor der Sommerpause standen neben dem Bericht aus dem Präsidium und dem Bericht des Schatzmeisters zum zweiten Quartal die mögliche Abschaffung der Singularzulassung beim BGH in Zivilsachen im Mittelpunkt.
Aufgrund eines Beschlusses in der Kammerversammlung 2024 wird die Rechtsanwaltskammer Berlin in der nächsten Hauptversammlung der BRAK am 20.09.2024 den Antrag stellen, dass sich die BRAK für die Abschaffung der Singularzulassung beim BGH in Zivilsachen einsetzt. Künftig sollen alle Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte vor dem BGH in Zivilsachen auftreten können, die eine 60-stündige Fortbildung mit Klausuren zum Revisionsrecht absolviert haben und sich anschließend regelmäßig fortbilden.
Zu diesem Thema war Rechtsanwältin Dr. Brunhilde Ackermann, Präsidentin der Rechtsanwaltskammer beim Bundesgerichtshof, in die Vorstandssitzung eingeladen, um aus erster Hand zur aktuellen Diskussion und zu den Vor- und Nachteilen der Singularzulassung Stellung zu nehmen und Fragen aus dem Vorstand zu beantworten.
Aus Sicht der RAK beim BGH sprechen für die Beibehaltung der Singularzulassung vor allem die besondere Qualität und Leistungsfähigkeit der auf das Revisionsrecht spezialisierten Anwälte, deren Filterfunktion sowie das hohe Ansehen des BGH. Dem wird entgegengehalten, dass die Singularzulassung nicht mehr zeitgemäß sowie wettbewerbsrechtlich bedenklich ist.
Ein unter den Vorstandsmitgliedern eingeholtes Meinungsbild ergab keine klaren Mehrheiten für oder gegen die Beibehaltung der Singularzulassung beim BGH in Zivilsachen.
Weiterer Gegenstand der Tagesordnung waren drei Einsprüche gegen Rügen wegen des Verstoßes gegen die Erstregistrierungspflicht beA. Alle Einsprüche wurden mit jeweils deutlicher Mehrheit zurückgewiesen und die Rügen aufrechterhalten.
Vorstandssitzung Juni 2024 (28.06.2024)
Im Rahmen der Juni-Vorstandssitzung wurde der vom Gesetzgeber geplante „Zivilprozess der Zukunft“ – der Referentenentwurf eines Gesetzes zur Entwicklung und Erprobung eines Online-Verfahrens bei der Zivilgerichtsbarkeit – vorgestellt. Dessen Ziel ist es, mittels Einführung einer Kommunikationsplattform, die die Schriftsätze ersetzen soll, Struktur in Massenverfahren wie bspw. im Bereich Fluggastrechte oder Dieselverfahren zu bringen und somit die Arbeit der Justiz zu erleichtern. Es folgte eine angeregte Diskussion zu den Vor- und Nachteilen der geplanten Digitalisierung. Kritisch wurden insbesondere der Eingriff in wesentliche Prozessgrundsätze – hervorgehoben wurde dabei besonders die Dispositionsmaxime – aber auch eine mögliche anwaltliche Nutzungspflicht bereits in der Erprobungsphase, die Kompatibilität zwischen beA und Kommunikationsplattform sowie die Kommunikationsmöglichkeiten zwischen Anwalt und Mandant gesehen. Als positiv wurde herausgehoben, dass gerade bei Massenverfahren wesentliche Informationen jederzeit übersichtlicher abgefragt werden und das Erfordernis eines wiederholten umfangreichen Aktenstudiums zur Einarbeitung in den aktuellen Stand des Verfahrens entfallen könnte.
Darüber hinaus wurde erörtert, dass auf Grundlage des Justizstandort-Stärkungsgesetzes ab Januar 2025 die Bundesländer ermächtigt werden, spezialisierte Spruchkammern für Handelssachen einzurichten, vor denen in englischer Sprache verhandelt werden kann. Auf diese Weise soll der Justizstandort Deutschland im internationalen Wettbewerb gestärkt werden. Ab Januar 2025 wird in Bayern ein entsprechender Commercial Court, der beim OLG angesiedelt wird, seine Arbeit aufnehmen. Es gilt ein Mindeststreitwert von EUR 500.000.
Daneben berichtete das Präsidium insbesondere über die gemeinsame Präsidialsitzung mit der Steuerberaterkammer. Diese jährlich stattfindende Sitzung dient der Stärkung der Zusammenarbeit der Selbstverwaltung beider Berufsgruppen und der gegenseitigen Information über aktuelle berufspolitische Themen. Weiter wurde über das E-Examen in der zweiten Juristischen Staatsprüfung gesprochen, das in Bayern ab dem nächsten Termin möglich ist, sowie über die Bestellung eines neuen Mitarbeiters für die Abteilungen.
Vorstandssitzung Juni 2024 (03.06.2024)
Im Rahmen der Vorstandswahl 2024 wurde die Hälfe der Vorstandsmitglieder der Kammer München neu gewählt. Die vierjährige Amtszeit der neuen Vorstandsmitglieder begann am 01.06.2024. Am 03.06.2024 kam der Kammervorstand zu seiner konstituierenden Sitzung zusammen, bei der das Präsidium der Kammer neu gewählt wurde. Das Präsidium der Kammer wurde zusammen mit Präsidentin Anne Riethmüller im Amt bestätigt. Im Anschluss stand die Beschlussfassung über die Besetzung der Vorstandsabteilungen und deren Zuständigkeiten auf der Tagesordnung. Eine Übersicht der Vorstandsabteilungen, deren Besetzung und Zuständigkeiten können auf der Website aufgerufen werden. Zudem wurde beschlossen, zwei Kollegen gemäß § 76 Abs. 1 S. 4 BRAO zur Mitarbeit im Vorstand heranzuziehen.
Vorstandssitzung Mai 2024
In der letzten Sitzung des Vorstands vor Beginn der neuen Amtsperiode ab 01.06.2024 standen neben dem Bericht aus dem Präsidium die Berichte der Vorstandsabteilungen I, II, X und XVI (Berufsrecht), VII (Aus- und Fortbildung), IX (Aufgaben nach dem EuRAG, § 207a BRAO) und XV (Geldwäscheprävention) für das vergangene Jahr auf der Agenda.
Die Abteilungen I, II, X und XVI sind für die Entscheidung in berufsrechtlichen Aufsichtsverfahren gegen Mitglieder der Rechtsanwaltskammer München zuständig. Im Jahr 2023 sind 1511 Beschwerden gegen Rechtsanwälten bei der Rechtsanwaltskammer eingegangen. Davon wurden in 348 Fällen die Akten einer der berufsrechtlichen Abteilungen I, II und X zur Entscheidung vorgelegt. Im Jahr 2023 konnte in 97 Fällen das berufsrechtliche Verfahren durch die Abteilung eingestellt werden. In 25 Verfahren wurde gegen die betroffenen Kollegen eine Rüge ausgesprochen, 58 Vorgänge wurden an die Generalstaatsanwaltschaft München zur Einleitung eines anwaltsgerichtlichen Ermittlungsverfahrens abgegeben. Die häufigsten Beschwerdegründe waren neben Untätigkeit/Nichtunterrichtung des Mandanten der Verstoß gegen das Sachlichkeitsgebot, Umgehung des Gegenanwalts und Vertretung widerstreitender Interessen. Die Abteilung XVI ist zuständig für berufsrechtliche Verfahren, die gegen Kollegen wegen fehlender beA-Erstregistrierung eingeleitet wurden. Im Jahr 2023 war in diesem Zusammenhang gegen 571 Kollegen ein berufsrechtliches Verfahren eingeleitet worden. In 222 Fällen wurde den betroffenen Kollegen eine Rüge erteilt.
Die Abteilung VII ist sowohl für die Durchführung kammereigener Fortbildungsveranstaltungen als auch für die Juristenausbildung zuständig. Die Rechtsanwaltskammer München bietet ihren Mitgliedern ganzjährig Fortbildungsveranstaltungen gemäß § 15 FAO für alle Fachgebiete, in denen es einen Fachanwalt gibt, an. Das Fortbildungsangebot wird durch Seminare zu besonderen Themen (z. B. beA) und Seminare für Kanzleimitarbeiter ergänzt. Über 8.000 Personen haben im Jahr 2023 das Fortbildungsangebot angenommen.
Die Abteilung IX ist zum einen für die Zulassung europäischer Anwälte im Rahmen der Eingliederung nach dem EuRAG zuständig; 2023 konnte in sieben Fällen der Eingliederungsantrag positiv verbeschieden werden. Zum anderen ist die Abteilung IX für die Zulassung von Berufsausübungsgesellschaften aus Mitgliedsstaaten der Welthandelsorganisation (§ 207a BRAO) zuständig. Die Zulassung von Berufsausübungsgesellschaften aus Drittstaaten in Deutschland ist erst seit 01.08.2022 möglich. Da die Überprüfung der Zulassungsvoraussetzungen in diesen Fällen sehr aufwendig ist, konnten die ersten ausländischen Berufsausübungsgesellschaften erst im Jahr 2023 zugelassen werden. Insgesamt wurden im Jahr 2023 elf ausländische Berufsausübungsgesellschaften zugelassen. Ein Zulassungsantrag wurde abgelehnt, über vier Anträge konnte noch nicht abschließend entschieden werden.
Die Abteilung XV ist für die Geldwäscheprävention zuständig. Als gem. §§ 50 Nr. 3, 51 GwG für Rechtsanwälte zuständige Aufsichtsbehörde ist die Kammer München verpflichtet, jährlich Prüfungen der Einhaltung der Pflichten nach dem GwG unter ihren Mitgliedern durchzuführen. 2023 hat die Rechtsanwaltskammer München daher zunächst bei 2.280 zufällig ausgewählten Mitgliedern (= 10 % der Gesamtmitgliedszahl) für den Prüfzeitraum 01.01.2022 bis 31.12.2022 erhoben (§ 52 Abs. 6 GwG), ob diese an einem der in § 2 Abs. 1 Nr. 10 GwG genannten Kataloggeschäfte mitgewirkt haben und somit „Verpflichtete“ nach § 2 Abs. 1 Nr. 10 GwG sind. Aus dem Kreis der so ermittelten „Verpflichteten“ im Prüfzeitraum 2022 wurde gegenüber 234 risikobasiert und nach dem Zufallsprinzip ausgewählten Rechtsanwälten eine Prüfung der Einhaltung der Anforderungen des GwG zunächst im schriftlichen Verfahren sowie stichprobenartig im Rahmen von Vor-Ort-Prüfungen angeordnet (§ 51 Abs. 3 GwG). Der überwiegende Teil dieser Prüfungen wurde ohne Beanstandungen abgeschlossen. Im Jahr 2023 wurden in 27 Fällen Bußgelder festgesetzt; in einigen Fällen wurden Verfahren nach dem Ordnungswidrigkeitengesetz eingeleitet. Die festgestellten Verstöße betrafen insbesondere die unterlassene Dokumentation der Risikoanalyse, die nicht ordnungsgemäße Identifizierung der Mandanten oder der für diese auftretenden Personen sowie die Nichtmitwirkung im Rahmen des Erhebungs- oder Prüfungsverfahrens. Letzterer Verstoß wiegt regelmäßig besonders schwer, da hierdurch eine Prüfung der Anforderungen des GwG vereitelt wird.
Vorstandssitzung April 2024
Neben dem Bericht aus dem Präsidium und dem Bericht des Schatzmeisters für das erste Quartal 2024 stand in der Sitzung der Bericht der Vorstandsabteilung XII (Vermittlung) für das vergangene Jahr auf der Tagesordnung.
Zu den Aufgaben der Rechtsanwaltskammer zählt unter anderem die Durchführung von Vermittlungsverfahren bei Streitigkeiten unter Kollegen sowie zwischen Mandanten und Anwälten, wobei Hintergrund letzterer meist Streitigkeiten wegen der Gebühren sind. Den Vermittlungsverfahren zwischen Kollegen liegen oft Kanzleiauseinandersetzungen zugrunde. Insgesamt gab es 2023 133 Anträge auf Durchführung eines Vermittlungsverfahrens.
Als Schwerpunktthema befasste sich der Vorstand mit geplanten Neuregelungen der BRAO.
- Überlegungen zur Einführung eines bundesweiten Vertrauensschadensfonds:
Kernthema ist die Frage, ob bzw. wie sich durch anwaltliche Fehler verursachte, aber nicht durch die Berufshaftpflichtversicherung abgedeckte, Schäden von Mandanten absichern lassen. Konkret geht es insbesondere um Fälle, in denen Mandanten durch Veruntreuungen durch Rechtsanwält:innen ein Schaden entstanden ist. Neben der Schaffung eines bundesweiten Vertrauensschadensfonds wird die Möglichkeit einer Versicherung oder der gesonderten Erteilung einer Geldempfangsvollmacht diskutiert. Eine Ergänzung des § 43a Abs. 7 BRAO, der den berufsrechtlichen Umgang mit Fremdgeldern weiter konkretisiert, kommt ebenfalls in Betracht. Der Kammervorstand vertritt die Auffassung, dass eine komplette Absicherung gegen das allgemeine Lebensrisiko weder möglich noch erforderlich ist.
- Reform der Abwickler:
Aktuell stellt sich die Situation wie folgt dar: Verstirbt ein als Einzelanwalt tätiger Rechtsanwalt oder wird dessen Zulassung widerrufen, und gibt es noch offene Mandate, kann die Rechtsanwaltskammer einen sog. Abwickler bestellen. Auch für Berufsausübungsgesellschaften (z. B. Ein-Mann-GmbH) kann ein Abwickler bestellt werden. Der Abwickler hat die schwebenden Angelegenheiten abzuwickeln. Der ehemalige Rechtsanwalt bzw. dessen Erben sind verpflichtet, dem Abwickler eine angemessene Vergütung zu bezahlen. Hierzu hat der Abwickler mit dem ehemaligen Rechtsanwalt bzw. dessen Erben eine Vergütungsvereinbarung zu treffen. Kommt eine Vergütungsvereinbarung nicht zustande oder wird diese nicht erfüllt, setzt die Rechtsanwaltskammer auf Antrag die Vergütung des Abwicklers fest. Die Rechtsanwaltskammer haftet für die festgesetzte Vergütung eines Abwicklers als Bürge. Im Fall der Bürgenhaftung können die Rechtsanwaltskammern unter Umständen mit extrem hohen Kosten belastet werden. Ein von der BRAK initiierter und von der BRAK-Hauptversammlung beschlossener Gesetzesentwurf sieht daher künftig vor, dass die Mandate nicht mehr abgewickelt, sondern abgeschlossen werden, dass die Mandanten zeitnah hierüber und die sich hieraus für sie ergebenden Konsequenzen informiert werden und dass etwaige Fremdgeldkonten abgewickelt werden. Ziel ist es, das Risiko der Bürgenhaftung für die Kammern zu vermeiden.
- Pro-Bono-Tätigkeit in gerichtlichen Verfahren:
Zudem gibt es in der Politik Überlegungen, auch in gerichtlichen Verfahren Pro-Bono-Tätigkeiten von Rechtsanwälten zu erlauben. Die Einzelheiten sind noch unklar. Nach Auffassung des Kammervorstands ist es bereits jetzt faktisch möglich, pro bono tätig zu werden, indem nach Beendigung des Mandats aus sozialen Gründen auf die Vergütung verzichtet wird. Zudem besteht die Möglichkeit, ein Erfolgshonorar zu vereinbaren, sodass bereits aus diesem Grund kein Anlass für die Gestattung von Pro-Bono-Tätigkeiten in gerichtlichen Verfahren besteht. Der Werbung mit Pro-Bono-Tätigkeiten steht der Kammervorstand ablehnend gegenüber.
Vorstandssitzung März 2024
Auf der Tagesordnung standen neben dem obligatorischen Bericht aus dem Präsidium Berichte der Vorstandssbteilungen VIII (Öffentlichkeitsarbeit) und XIII (Syndikusrechtsanwälte) für das vergangene Jahr.
Schwerpunkt der Abteilung VIII war die Umsetzung der im Vorjahr beschlossenen Optimierung der digitalen Mitteilungen der Kammer München. Ein besonderes Anliegen war es dabei, Nutzerfreundlichkeit und Frequenz zu erhöhen. Dies hat zur Folge, dass die Kammer München ihre Mitteilungen seit vergangenem Jahr im Monatsrhythmus versendet und darin über Neuigkeiten rund um die Kammer und den Anwaltsberuf informiert. In regelmäßigen Abständen erschienen zu bestimmten Themen Schwerpunkt-Newsletter (z. B. Hinweisgeberschutzgesetz, beA, Kammerversammlung).
Die Abteilung XIII ist für Fragen im Zusammenhang mit der Zulassung als Syndikusrechtsanwalt zuständig. Im Jahr 2023 ist die Zahl der eingegangenen Zulassungsanträge erneut signifikant gestiegen. So gingen bei der Kammer 721 Zulassungsanträge ein. Hintergrund ist oftmals, dass die Antragsteller das Arbeitsverhältnis, für das sie bereits als Syndikusrechtsanwalt zugelassen sind, beenden und ein neues Arbeitsverhältnis aufnehmen, für das sie erneut als Syndikusrechtsanwalt zugelassen werden möchten. Insgesamt wurden von der Kammer München 625 Zulassungsbescheide erlassen.
Als Schwerpunktthema stand die geplante anlasslose Kontrolle von Sammelanderkonten durch die Rechtsanwaltskammern auf der Agenda. Diese Thematik befindet sich seit längerer Zeit in der Diskussion. Die Hauptversammlung der Bundesrechtsanwaltskammer 2023 in München hatte sich ausdrücklich gegen derartige Planungen ausgesprochen. Gleichwohl soll mit § 73a BRAO-E eine Vorschrift in die Bundesrechtsanwaltsordnung aufgenommen werden, wonach die Rechtsanwaltskammern ohne besonderen Anlass die den Rechtsanwälten in Bezug auf die Führung von Sammelanderkonten obliegenden Berufspflichten (§ 43a Abs. 7 BRAO, § 4 BORA) zu überprüfen haben. Zudem soll eine jährliche Berichtspflicht gegenüber dem Bundesministerium der Finanzen eingeführt werden. Hintergrund der geplanten Regelung ist ein Bericht der OECD, in welchem unter anderem Rechtsanwälte als „Professional Enablers“ bezeichnet werden, also als Personen, die konkrete Hilfestellung bei der Begehung von Steuerdelikten leisten. Der Kammervorstand sprach sich einheitlich gegen das geplante Gesetzesvorhaben aus.
Vorstandssitzung Februar 2024
Auf der Tagesordnung standen neben dem Bericht aus dem Präsidium Berichte aus den Vorstandsabteilungen. Die Abteilung VI (Fachanwaltschaften und Rechtsdienstleistungsgesetz) und XI (Berufsausbildung) stellten die Abteilungsarbeit des vergangenen Jahres vor:
Im Jahr 2023 sind 171 Anträge auf Verleihung einer Fachanwaltsbezeichnung bei der Rechtsanwaltskammer eingegangen, insgesamt wurde 178 Kolleginnen und Kollegen von der Abteilung VI der Fachanwaltstitel verliehen. Spitzenreiter bei den Fachgebieten war erneut das Arbeitsrecht (42 Anträge), gefolgt von Strafrecht (19 Anträge), Bau- und Architektenrecht (17 Anträge) sowie Steuerrecht (13 Anträge). 23,59 % der Mitglieder der Rechtsanwaltskammer München verfügen über einen oder mehrere Fachanwaltstitel. Damit ist die Zahl derjenigen, die über einen Fachanwaltstitel verfügen, nahezu gleichgeblieben. Zudem wurden über 20.800 Fortbildungsnachweise nach § 15 FAO von der Geschäftsstelle bearbeitet und geprüft.
Wie bereits in den letzten Jahren auch war der Kampf gegen den Fachkräftemangel der Schwerpunkt der Arbeit der Abteilung XI. Unter anderem nimmt die Rechtsanwaltskammer München verstärkt an Ausbildungsmessen sowie an Berufsinfotagen teil, um für den Ausbildungsberuf Rechtsanwaltsfachangestellte/r zu werben. Das Engagement der Kammer zeigt insoweit erste Erfolge, als dass ein leichter Anstieg der Anzahl an Ausbildungsverträgen festgestellt werden konnte. Zudem hat die Abteilung XI Ende 2023 eine Anpassung der seit 01.09.2021 geltenden Empfehlungen zur Mindestvergütung für die Ausbildung im Beruf Rechtsanwaltsfachangestellte/r beschlossen. Den Bericht der Abteilung XI nahm der Vorstand zum Anlass zu diskutieren, ob Ausbildungsberuf und Berufsbezeichnung überhaupt noch zeitgemäß sind.
Berufspolitisches Schwerpunktthema der Vorstandssitzung waren die Auswirkungen der Rechtsprechung des EuGH zu Vergütungsvereinbarungen. Der EuGH hat mit Urteil vom 12.01.2023, C-395/21 klargestellt, dass eine Klausel in einem Vertrag über die Erbringung von Rechtsdienstleistungen zwischen einem Rechtsanwalt und einem Verbraucher, nach der sich die Vergütung nach dem Zeitaufwand richtet, unter Art. 4 Abs. 2 der RL 93/13 EWG fällt. Eine solche Klausel erfüllt nach der Entscheidung des EuGH nicht die Anforderung hinreichender Klarheit und Verständlichkeit aus Art. 4 Abs. 2 der RL 93/13 EWG, wenn dem Verbraucher vor Vertragsschluss nicht die Informationen erteilt worden sind, die ihn in die Lage versetzen, seine Entscheidungen mit Bedacht und in voller Kenntnis der wirtschaftlichen Folgen des Vertragsschlusses zu treffen. Die Klausel ist als unwirksam zu werten, wenn sie missbräuchlich, d. h. für den Mandanten nicht klar und verständlich ist. Das bedeutet, dass der Mandant anhand der ihm gegebenen Informationen absehen können muss, was voraussichtlich finanziell auf ihn zukommen wird. Ob eine Klausel wirksam oder unwirksam ist, ist anhand der gesamten Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Indizien für eine wirksame Vergütungsvereinbarung sind eine dem Mandanten gegenüber erklärte Einschätzung der voraussichtlich erforderlichen Arbeitsstunden vor Vertragsschluss sowie eine regelmäßig gestellte Zwischenrechnung im Verlauf der Mandatsbearbeitung.
Es liegen bereits erste Folgeentscheidungen deutscher Gerichte vor: LG München I, Urteil vom 16.02.2023, 4 O 14404/22; OLG Bamberg, Urteil vom 15.06.2023, 12 U 89/22
Darüber hinaus wurde bekannt, dass bereits mindestens eine Rechtsschutzversicherung die Rückerstattung von Teilen eines bereits gezahlten Honorars fordert und sich zur Begründung darauf beruft, dass die Vergütungsvereinbarung, in der ein Stundensatz vereinbart wurde, unwirksam sei.
Im Kammervorstand wurden Lösungsansätze zum Umgang mit der neuen Rechtsprechung und der Vorgehensweise der Rechtsschutzversicherungen diskutiert. Die Kammer München wird ihre Mitglieder über die neue Rechtsprechung und die an eine Vergütungsvereinbarung zu stellenden Anforderungen informieren.
Im Anschluss diskutierte der Vorstand über die Einreichung von Vorschlägen für die Besetzung des neuen BRAK-Ausschusses Urheber- und Medienrecht. Auf den Aufruf in den Medien der Rechtsanwaltskammer hatten sich fünf Kolleginnen und Kollegen beworben. Nach Sichtung der eingegangenen Bewerbungen und ausführlicher Diskussion beschloss der Vorstand, dem Präsidium der Bundesrechtsanwaltskammer einen Bewerber als Mitglied des neuen BRAK-Ausschusses Urheber- und Medienrecht vorzuschlagen.
Vorstandssitzung Januar 2024
Neben dem Bericht aus dem Präsidium und dem Bericht des Schatzmeisters für das vierte Quartal 2023 waren Thema der ersten Sitzung des neuen Jahres vor allem die Berichte der Abteilungen. Die Abteilungen III und V (Gebührenrecht) sowie XIV (Anwaltsrichterwahl) stellten die Abteilungsarbeit des vergangenen Jahres vor: Die Zahl der von den Gebührenrechtsabteilungen zu erstattenden Gutachten ist wieder leicht gestiegen. Nachdem im Jahr 2022 nur noch 28 Akten eingegangen waren, stieg die Zahl im Jahr 2023 wieder auf 35 an. Damit liegt die Zahl der Akteneingänge fast wieder auf dem Niveau des Jahres 2021. Die Abteilung XIV ist für die Erstellung einer Vorschlagsliste für die Ernennung von Rechtsanwält:innen zu Mitgliedern des Anwaltsgerichts München und Bayerischen Anwaltsgerichtshofs durch das Bayerische Staatsministerium der Justiz zuständig. Insgesamt wurde vorgeschlagen, zwei Anwaltsrichter:innen für eine weitere Amtszeit wiederzubestellen und zwei Richterstellen neu zu besetzen.
In Sachen Seehaus stand die hierzu ergangene Presseberichterstattung auf der Agenda.