Veröffentlichung aus dem BRAK-Magazin Heft 4/2019
Eines der Ziele des elektronischen Rechtsverkehrs ist es, auch die Akteneinsicht auf digitalem Weg zu ermöglichen. Das ist komfortabler, schneller und zudem können mehrere Verfahrensbeteiligte zeitgleich Akteneinsicht nehmen. Diesem Ziel ist man mit der Eröffnung des bundesweiten Akteneinsichtsportals (www.akteneinsichtsportal.de) nun einen guten Schritt näher.
Gesamtgebilde elektronischer Rechtsverkehr
Elektronische Akteneinsicht ist nur eines von vielen Puzzlestücken, aus denen sich das Gesamtgebilde elektronischer Rechtsverkehr (ERV) zusammensetzt. Damit er ohne Medienbrüche funktioniert, bedarf es einer Infrastruktur, die den Austausch elektronischer Dokumente zwischen allen am ERV beteiligten Seiten – Justiz, Behörden, Anwaltschaft, Notarinnen und Notare, öffentliche Register usw. – ermöglicht.
Basis dafür ist das Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP). Es bildet die Transportinfrastruktur und stellt einen zentralen Verzeichnisdienst – das SAFE – bereit. Auf ihm setzen u.a. die verschiedenen „besonderen Postfächer“ auf: das besondere elektronische Behördenpostfach (beBPo), das besondere elektronische Notarpostfach (beN) und das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA). Gemeinsam ist ihnen, dass die Identität der Postfachinhaber jeweils auf besondere Weise verifiziert wurde – beim beA z.B. durch die Rechtsanwaltskammern.
e-Akten in Justiz
All dies bereitet der Gesetzgeber bereits seit Längerem vor. Seit 2001 wurden u.a. Form- und Beweisvorschriften für elektronische Dokumente angepasst und Mahnanträge zwingend elektronisch vorgeschrieben. Mit dem Gesetz zur Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs wurden 2013 die Grundlagen für beA, beN und beBPo geschaffen. 2017 folgte das Gesetz zur Einführung der elektronischen Akte in der Justiz, 2018 die ERV-Verordnung.
Mit vier Referentenentwürfen des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz – für Verordnungen zur Bundesstrafaktenführung, Strafaktenübermittlung, Dokumentenerstellung und -übermittlung sowie zur Strafakteneinsicht – wird die e-Akte in Strafsachen nun konkreter. Festgelegt werden sollen darin technische Standards für die Aktenführung, die Übermittlung von Akten sowie die Akteneinsicht.
Die Verordnungen sollen zum 1.1.2020 in Kraft treten. Sie haben Modellcharakter, denn auch für die Bildung, Führung und Verwahrung der e-Akten in Verfahren nach ZPO, ArbGG, FamFG, VwGO, FGO und SGG muss der organisatorisch-technische Rahmen noch geregelt werden. Eine Arbeitsgruppe aus den BRAK-Ausschüssen Strafrecht und Elektronischer Rechtsverkehr wird das Gesetzgebungsverfahren kritisch begleiten.
Elektronische Akteneinsicht
Eingeführt haben müssen Gerichte die e-Akte bis zum 1.1.2026, ab dem 1.1.2022 erhalten sie aus der Anwaltschaft nur noch elektronische Eingänge. Die Länder erproben die e-Akte derzeit und bereiten die flächendeckende Einführung an ihren Gerichten vor. Einige Gerichte führen derzeit e-Akten parallel zur herkömmlichen Papierakte, manche, wie z.B. die Arbeitsgerichte in Baden-Württemberg, bereits ausschließlich; diese Gerichte können bereits jetzt Akteneinsicht auf elektronischem Weg gewähren. Das neue Akteneinsichtsportal wird also zunehmend mehr Anwendungsfälle erhalten.
An den Voraussetzungen der Akteneinsicht wird sich dadurch nichts ändern. Sie wird – wie bisher – beim Gericht beantragt und von diesem bewilligt. Einsicht in die Akte erhält man nicht mehr durch Übersendung des Aktenkonvoluts auf Papier. Vielmehr wird eine PDF-Datei erzeugt, die den Stand der Akte zum Zeitpunkt der Bewilligung abbildet. Über das Akteneinsichtsportal erhält man dann für 30 Tage Zugriff auf das Aktenabbild. Die nötigen Zugangsdaten sowie einen Link zur e-Akte teilt derzeit noch das Gericht fallweise mit. In einer späteren Ausbaustufe soll das beA integriert werden: Anwältinnen und Anwälte sollen sich dann mit ihrer SAFE-ID identifizieren und auf die für sie bereitgestellten Akten zugreifen können. Der genaue Ablauf der elektronischen Akteneinsicht ist im beA-Newsletter 26/2019 v. 25.7.2019 dargestellt.
Rechtsanwältin Dr. Tanja Nitschke, Mag. rer. publ., BRAK, Berlin