Sollen sich Finanzinvestoren an einer anwaltlichen Berufsausübungsgesellschaft beteiligen dürfen? Diese Frage wurde heute in Luxemburg bei der mündlichen Verhandlung vor dem Großen Senat des EuGH diskutiert.
Zur Vorgeschichte: Die Rechtsanwaltskammer München hat im Jahr 2021 einer bei der Kammer zugelassenen Rechtsanwaltsgesellschaft die Zulassung widerrufen, weil sich an ihr eine österreichische nicht-anwaltliche Gesellschaft beteiligt hatte. Gegen den Widerruf der Zulassung klagte die Rechtsanwaltsgesellschaft. Der Bayerische Anwaltsgerichtshof (BayAGH) hatte mit Beschluss vom 20.04.2023 dem EuGH die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob das sog. Fremdbesitzverbot im anwaltlichen Berufsrecht gegen Europarecht verstößt. Der BayAGH hatte Zweifel, ob § 59e BRAO a.F. unter anderem mit der Kapitalverkehrs-, der Dienstleistungs- und der Niederlassungsfreiheit vereinbar ist.
Heute war es soweit: In Luxemburg fand von 09:30 Uhr bis 13:30 Uhr die mündliche Verhandlung vor dem Großen Senat statt.
Die Rechtsanwaltskammer München, die betroffene Berufsausübungsgesellschaft sowie die Bundesrepublik Deutschland, das Königreich Spanien, die Republik Kroatien, die Republik Österreich und die Republik Slowenien haben die Möglichkeit genutzt, den 15 Richtern ihre Standpunkte in jeweils ca. 15-minütigen Plädoyers vorzutragen. Im Anschluss beantworteten alle Beteiligten noch zahlreiche Fragen der europäischen Richter und des Generalanwalts.
Für die RAK München war Vizepräsident Dr. Alexander Siegmund und Geschäftsführerin Simone Kolb vor Ort. Vorgetragen hat für die Rechtsanwaltskammer München ihr Vertreter Herr Prof. Dr. Christian Wolf.
Der Generalanwalt hat angekündigt, am 04.07.2024 seine Anträge zu stellen. Es bleibt daher weiter spannend. Die Kammer wird über den weiteren Verlauf informieren.