BGH zu Hinweispflichten des Gerichts bei fehlerhaftem Versand von Schriftsätzen per beA
In einem Beschluss vom 20.08.2025 (Beschluss vom 20.08.2025, Az. VII ZB 16/24) hat sich der Bundesgerichtshof mit der Frage befasst, ob eine prozessuale Fürsorgepflicht des Gerichts besteht, auf offensichtliche formale Mängel eines per beA eingegangenen Schriftsatzes hinzuweisen.
Was war passiert? Ein Rechtsanwalt hatte für seine Mandanten Berufung gegen ein klageabweisendes Urteil eingelegt. Der Berufungsschriftsatz wurde von dem Kollegen einfach signiert und durch das beA eines Kanzleikollegen versandt. Das Berufungsgericht bestätigte einen Tag später den Eingang der Berufung unter Benennung des Aktenzeichens bei Gericht. Im Laufe des Verfahrens rügte die Gegenseite, dass die Frist zur Einlegung der Berufung durch den Schriftsatz nicht gewahrt worden sei. Daraufhin legte der Anwalt erneut Berufung ein und beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsfrist. Das Berufungsgericht wies den Antrag auf Wiedereinsetzung zurück und verwarf die Berufung als unzulässig. Auf die dagegen erhobene Rechtsbeschwerde hob der BGH den Beschluss des Berufungsgerichts auf und gewährte dem Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.
In seiner Entscheidung weist der BGH zunächst darauf hin, dass Gerichte nicht generell dazu verpflichtet seien, die Formalien eingereichter Schriftstücke zu prüfen, um erforderlichenfalls sofort durch einen entsprechenden Hinweis auf die Behebung formeller Mängel hinzuwirken. Eine Prozesspartei dürfe aber grundsätzlich darauf vertrauen, dass ihre Schriftsätze alsbald nach ihrem Eingang bei Gericht zur Kenntnis genommen werden und offensichtliche äußere formale Mängel dabei nicht unentdeckt bleiben. Unterbleibe ein gebotener Hinweis, sei der Partei Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er bei ordnungsgemäßem Geschäftsgang so rechtzeitig hätte erfolgen müssen, dass es der Partei noch möglich gewesen wäre, die Frist zu wahren.
Mit Blick auf den Transfervermerk einschließlich des darin enthaltenen „Vertrauenswürdigen Herkunftsnachweises“ bestehe eine einfache und wenig zeitaufwendige Möglichkeit zu prüfen, ob ein aus einem beA versandter Schriftsatz einfach elektronisch signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg bei Gericht eingereicht wurde. Hierzu gehöre für den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle auch die Prüfung, ob die Person, die das Dokument elektronisch signiert habe, mit derjenigen identisch ist, die Inhaberin des beA ist. Es stelle keine nennenswerte Belastung für ein Gericht dar, zeitnah nach Eingang eines elektronischen Dokuments zu prüfen, ob die Voraussetzungen einer ordnungsgemäßen Übermittlung erfüllt sind. Auf derartige Mängel müsse das Gericht nach § 130a Abs. 6 S. 1 ZPO unverzüglich hinweisen. In der Regel genüge für die gebotene äußerliche Prüfung ein Zeitraum von zehn bis zwölf Kalendertagen.
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